Baden-Württembergische Fanorganisationen reagieren auf Aussage des Innenministers Strobl
Für uns ist es leider nichts Neues, dass sich im Vorfeld der alljährlichen Innenministerkonferenz (IMK) einzelne Innenminister zu Wort melden und ihre Ideen und Forderungen restriktiver Sicherheitspolitik formulieren – bevorzugt in Bezug zum Fußball und seinen Fans. In diesem Kontext werden wiederkehrend Forderungen nach personalisierten Eintrittskarten laut, auf die ebenso regelmäßig von Fanorganisationen – sowohl öffentlich als auch in Gesprächen – reagiert wird. Gebetsmühlenartig erklären wir seit Jahren, warum personalisierte Eintrittskarten nicht zielführend sind, welche Probleme sich im Hinblick auf Datenschutz ergeben würden und dass solche Maßnahmen eine pauschale Kriminalisierung von Fußballfans darstellen.
Im Vorfeld der IMK zwischen dem 17. und 19. Juni in Erfurt hat der Baden-Württembergische Innenminister Strobl die oben beschriebene „Tradition“ fortgesetzt. Dieses Mal versucht er personalisierte Eintrittskarten in die aktuelle gesellschaftliche Debatte über Rassismus in unserer Gesellschaft einzubetten. Zunächst stellt er gegenüber der Deutschen Presse Agentur treffend fest: „Es ist absolut inakzeptabel, wenn bei Fußballspielen Rassismus offen zutage tritt, wenn völlig unschuldige Menschen traktiert werden, nur weil sie anderer Herkunft oder Hautfarbe sind“. Diese Aussage unterstützen wir ausdrücklich. Dann verbindet er diese wichtige Botschaft jedoch mit personalisierten Eintrittskarten und suggeriert eine bessere Strafverfolgung, die mit diesem Mittel faktisch nicht gegeben ist.
Wir lehnen die Instrumentalisierung der dringend notwendigen und angezeigten Debatte über Rassismus in unserer Gesellschaft für restriktive Sicherheitsmaßnahmen entschieden ab. Rassismus wird nicht dadurch bekämpft, indem man den bereits sehr ausgeprägten Sicherheitsapparat im Fußball weiter ausbaut und damit erneut tausende Fußballfans pauschal unter Verdacht stellt sowie deren Freiheitsrechte einschränkt.
Wir alle sind – im Fußball und darüber hinaus – aufgefordert, uns aktiv gegen Rassismus und rassistische Einstellung einzusetzen. Wir machen das im Fußball seit geraumer Zeit: Durch Information, zivilgesellschaftliches Engagement, eindeutige Positionierungen in unseren Satzungen, Selbstregulation in den Fanszenen sowie durch etliche Veranstaltungen und Initiativen gegen Rassismus und Diskriminierung im Fußball, wie z. B.
- Wanderausstellungen i. V. m. selbst organisierten Vortragsreihen und Workshops wie „Tatort Stadion“ (Diskriminierung im Fußball), „Kicker, Kämpfer und Legenden“ (Juden im deutschen Fußball) und „fan.tastic females – football her story“ (Frauen im Fußball);
- Projekte und Initiativen für und mit Geflüchteten (z. B. lokale Fußball-Begegnungsprojekte, Spendenaktion „Second Fan Shirt“ und weitere Spendensammlungen);
- Förderung der Erinnerungsarbeit zur Aufarbeitung des Fußballs im Nationalsozialismus;
- die Herstellung von Merchandise-Artikeln und Präsentation von Spruchbändern mit klaren Botschaften gegen Rassismus und Diskriminierung.
Ein solches Engagement darf selbstredend nicht aufhören und es gibt auch im Fußball noch Vieles zu tun. Statt symbolpolitisch personalisierte Eintrittskarten zu fordern, sollte die Politik sich überlegen, wie sie z. B. eindeutige Positionierungen gegen rechte Personen stärken kann, statt – wie zuletzt in Freiburg –unverhältnismäßige und persönlich demütigende Polizeikontrollen in Reaktion auf solche Statements stillschweigend hinzunehmen.
Wir fordern Innenminister Strobel dringend dazu auf, seine Aussage zu überdenken und Fußballfans in ihrem Engagement zu unterstützen, anstatt diese erneut unter Pauschalverdacht zu stellen und zu kriminalisieren.
In einer Zeit, in der tausende Menschen auf die Straße gehen, um gegen Rassismus und Polizeigewalt zu demonstrieren, ist das Fingerzeigen auf Fußballfans von Thomas Strobl schwer zu ertragender Populismus.
PRO Waldhof e. V. Supporters Karlsruhe 1986 e. V. Supporters Crew Freiburg e. V.